VW: Chancen für Schadenersatz steigen

Artikel von Ralf Heidenreich aus dem Wiesbadener Kurier vom 18.07.2018.

ABGASSKANDAL Gerichte geben in Berufungsverfahren Signal, dass sie Ansprüche für berechtigt halten

WIESBADEN – Wie viele Diesel-Fahrer gegen VW oder die Konzerntöchter Audi und Skoda wegen des Diesel-Skandals Schadenersatzklage eingereicht haben, weiß außer dem VW-Konzern niemand genau. Die Schätzungen gehen in die Zehntausende. Allein bei der Wiesbadener Kanzlei Cäsar-Preller sind nach eigenen Angaben mehr als 1000 in Arbeit.

Bislang haben sich die Landgerichte mit den Klagen befasst. Diese entscheiden immer öfter zugunsten der Diesel-Fahrer, die wegen der Abgasmanipulationen und deren Folgen Schadenersatz fordern. Dennoch kann auf dem weiteren gerichtlichen Weg noch viel passieren.

Nun liegen nach Angaben der Wiesbadener Kanzlei erstmals so genannte Hinweisbeschlüsse von zwei Oberlandesgerichten (OLG) vor, vor denen VW nach Urteilen von Landgerichten in die Berufung gegangen ist. Und die sind nach Angaben von Anwalt Joachim Cäsar-Preller richtungsweisend, weil sich erfahrungsgemäß andere Gerichte daran orientieren werden. „Mit diesen Hinweisen steigen die Erfolgsaussichten für die Kläger deutlich. Das sollte Mut machen“, sagt Cäsar-Preller unter Verweis darauf, dass am 31. Dezember 2018 die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche ausläuft.

Die beiden Hinweisbeschlüsse des OLG Karlsruhe und des OLG Oldenburg sind zwar noch kein Urteil, aber nach Ansicht von Cäsar-Preller geben sie ein deutliches Signal, „dass sie Schadenersatzansprüche gegenüber VW und anderen Marken des Konzerns für berechtigt halten“. Vor dem OLG Karlsruhe steht ein Berufungsverfahren an, nachdem das Landgericht Offenburg die Volkswagen AG zu Schadensersatz verurteilt hatte (Az.: 6 O 119/16). Das Landgericht hatte entschieden, dass dem Käufer eines Fahrzeugs mit manipulierter Abgassoftware Schadenersatz gegen den Hersteller zusteht. Durch die Abgasmanipulationen sei der Käufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden.

VW ging in die Berufung. Das folgende OLG Karlsruhe gab laut Kanzlei im Vorfeld der mündlichen Verhandlung in einem Hinweis nun zu erkennen, dass deutlich mehr für eine Haftung von VW wegen vorsätzlicher sittenwidriger Täuschung nach Paragraf 826 BGB spreche als dagegen. Zudem könne auch eine Haftung aus Paragraf 831 BGB in Betracht kommen. „Das heißt, dass VW für seine Mitarbeiter haften könnte“, so Cäsar-Preller. Dies sei wahrscheinlicher geworden, nachdem VW ein Milliarden-Bußgeld der Staatsanwaltschaft Braunschweig akzeptiert habe.

In einem ähnlichen Fall weist den Angaben zufolge das OLG Oldenburg darauf hin, dass das vorinstanzliche Landgericht die Voraussetzungen des Paragrafen 826 BGB zu Recht bejaht habe. „Heißt: Das OLG geht davon aus, dass VW aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet ist“, so Cäsar-Preller. Er vermutet, dass VW nun Vergleiche anstrebe, um Urteile zulasten des Konzerns zu verhindern.

 

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