EuG-Urteil: Fahrverbote auch für Diesel mit der Abgasnorm Euro 6 möglich

Ein Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) vom 13.12.2018 lässt Diesel-Fahrer aufhorchen: Nach der Entscheidung können Städte und Gemeinden auch Fahrverbote gegen Diesel mit der Abgasnorm Euro 6 verhängen.

Grund ist, dass die EU-Kommission die Grenzwerte für die Abgasnorm Euro 6 2016 aufgeweicht hat. Mit der Einführung der strengeren RDE-Abgastests wurden die Emissionen nicht mehr auf dem Prüfstand, sondern im regulären Straßenverkehr gemessen. Das bedeutete für viele Diesel-Fahrzeuge, dass sie die Norm Euro 6 nicht erfüllen können, weil sie mehr als 80 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. Die EU-Kommission hatte daher beschlossen, dass die Fahrzeuge für eine Übergangszeit zunächst 168 Milligramm und anschließend 120 Milligramm Stickstoffdioxid ausstoßen dürfen. Dagegen hatten die Städte Paris, Madrid und Brüssel geklagt, die strengere Fahrverbote verhängen wollen, um die Luftbelastung zu reduzieren.

Das EuG entschied, dass die EU-Kommission gar nicht befugt gewesen sei, die Grenzwerte zu erhöhen. Sie habe ihre Kompetenzen damit überschritten. Gegen die Entscheidung kann noch Berufung eingelegt werden.

Unmittelbare Auswirkungen auf Fahrverbote in Deutschland hat das Urteil des EuG nicht. Zumindest für die kommenden 14 Monate herrscht Rechtssicherheit. Bis dahin haben EU-Kommission und Parlament Zeit, neue Grenzwerte in einem regulären Gesetzgebungsverfahren festzulegen. Wie diese Grenzwerte dann ausfallen, ist völlig offen.

Obwohl Diesel mit der Schadstoffklasse Euro 6 auch nicht als wesentlich sauberer gelten als Diesel mit der Abgasnorm Euro 5, sind sie in Deutschland bisher nicht von Fahrverboten betroffen, weil dies nicht verhältnismäßig sei. Kurzfristig wird sich daran auch nichts ändern. „Die Verunsicherung bei Diesel-Fahren wird durch das Urteil aber weiter steigen. Auch Fahrer neuerer Diesel können sich nicht sicher sein, ob ihnen nicht demnächst Fahrverbote drohen“, sagt Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller aus Wiesbaden. Außerdem kann die EuG-Entscheidung durchaus Einfluss auf künftige Verhandlungen zur Luftreinhaltung in Deutschland haben. Am 19. Dezember entscheidet beispielsweise das Verwaltungsgericht Wiesbaden über ein Fahrverbot in der hessischen Landeshauptstadt.

„Diesel-Fahrer haben jetzt im Grunde genommen zwei Möglichkeiten“, so Rechtsanwalt Cäsar-Preller. „Wenn sie direkt vom VW-Abgasskandal betroffen sind, können sie Schadensersatzansprüche geltend machen. Das muss allerdings bis zum 31. Dezember 2018 geschehen, da ansonsten die Verjährung der Ansprüche droht. Alternativ kann der Widerruf der Autofinanzierung einen Ausweg bieten. Der Widerruf ist grundsätzlich möglich, wenn die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hat und ist nicht davon abhängig, ob es sich bei dem Fahrzeug um einen Diesel oder Benziner handelt“, erklärt Cäsar-Preller. Da bei Autofinanzierungen häufig ein sog. verbundenes Geschäft vorliegt, wird durch den erfolgreichen Widerruf sowohl der Kreditvertrag als auch der Kaufvertrag rückabgewickelt.

Mehr Informationen: http://www.caesar-preller.de/abgasskandal-2/